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Stille des Waldes genießen

Ganze Tage im Naturtreff für Mini-Umstadt-Kids

(dor) Eine blinde Reise, bei der sich die Teilnehmer gegenseitig, jeweils einer mit verbundenen Augen durch den Wald führen, mit den Füßen fühlen oder eine Suchliste abhaken, bei der unter anderem “etwas Schönes” oder auch “etwas ganz Gerades” gefunden und mitgebracht werden soll.
Mit den Naturraum Wald, seinen Tieren und dem vielfältigen Leben darin beschäftigen sich während der vergangenen zwei Wochen einige Teilnehmer von Mini-Umstadt. Erstmals verbrachten Gruppen von bis zu 20 Kindern den ganzen Tag im Wald, wo sie unter kompetenter Betreuung dreier Mitarbeiter vom Hessen-Forst im Forstamt Dieburg, Willi Schäfer, Bernd Riehm und Tino Manthey sowie der Erlebnis- und Waldpädagogin Marion Braun viel erleben konnten. Neben ihrer Arbeit als Grundschullehrerin in Heubach bietet die ausgebildete “Wildnisführerin” Naturerlebnisse sowie Bastel- und Schnitzkurse für Kinder an.
Als Wildparkführerin ist sie mit Kursangeboten auch in der “Alten Fasanerie “ in Klein-Auheim unterwegs. Auf rein ehrenamtlicher Basis hatte die Pädagogin nun diese Aufgabe im Rahmen von Mini-Umstadt übernommen. Die Kosten für das weitere Fachpersonal legte Hessen-Forst vor, welche vom Hessischen Kultusministerium erstattet werden.

Spielerisch und mit allen Sinnen waren die Kinder als Forscher und Entdecker unterwegs. Im wohltuenden Kontrast stand dabei die Stille des Waldes zum hektischen und lärmenden Betrieb in der Kinderspielstadt unten in der Ernst-Reuter Schule während der ersten beiden Ferienwochen. Hier oben kamen auch die Wildesten zur Ruhe, nahm man sich Zeit und unterlag keinem Druck eines straff organisierten Terminplans. “Raus aus den Zwängen” lautete das Motto. “Wir lassen uns ganz auf die Gegebenheiten des Waldes ein”, erklärte Marion Braun. dass es in der Natur viel Spannendes zu entdecken gibt und es sich lohnt, einfach mal die Augen zu schließen, wollte die Pädagogin den Kindern zeigen. Das Betreuer-Team hatte im Vorfeld zwei Themenblöcke vorbereitet, “Tiere des Waldes” und “Natur mit allen Sinnen erleben”.
In der ersten Woche wurden beeindruckende Waldmonster gebaut, wo die abenteuerlichsten Figuren mit viel Fantasie aus zuvor gesammelten Materialien entstanden,und an einer Wildschweinsuhle lernten die Kinder vieles über diese Waldbewohner und ihr Verhalten.
Reibungslos funktionierte der Transport in den Wald und zurück, dafür stellte die freiwillige Feuerwerhr, die erstmals bei Mini-Umstadt ein mindestens ebenso engagiertes Projekt betrieb, ein Mannschaftstransportfahrzeug zur Verfügung.

14 Kinder ingesamt hatten an diesem Tag den Wald “gebucht”, staunten über die Waldtoilette (“ohne Spülung!”) und eroberten zunächst das Gelände rund um den als “grünes Klassenzimmer” deklarierten Naturtreff am Rödelshäuschen. Anhand von kleinen Fotokärtchen sollten sie bestimmte Stellen im Wald entdecken und sich auf diese Weise mit dem Terrain vertraut machen. “Dabei wird der Blick für´s Detail geschärft”, weiß Marion Braun, einer von vielen Sinnen, mit denen der Wald entdeckt werden wollte. Im Kreis sitzend wurden zunächst alle Namen gelernt und Regeln besprochen wie “Nicht Schreien im Wald”, “Keinen Müll hinterlassen” oder “Keine Tiere stören”.
Als zur Mittagszeit die Lunchpakete aus der Spielstadt in den Naturtreff ankamen, hatte die Waldluft den Appetit bereits unerwartet kräftig angeregt. Im Laufe des Tages wurden in der Waldumgebung die wildesten Kerle ruhig und kleine Unruhegeister ganz friedlich. Wer sich am Morgen noch vor Spinnen geekelt hatte, trug sie nun wie selbstverständlich auf der Handfläche spazieren und wo zunächst Langeweile befürchtet worden war, verging die Zeit wie im Fluge. Die meisten wurden gar nicht fertig, ihre selbst gebauten Waldhütten mit ständig neuen Ideen zu erweitern. Und einer hatte sogar neben Eingangstür und Fenster, aus dem er stolz herauslugte, an winzig liebevoll bepflanzte Blumenkästen gedacht. Auch bei Indianerhütte, Schiff oder “Waldbaumhaus” kannte die Fantasie der Kinder keine Grenzen.
“Das ist eine ganz tolle Sache, wie der Naturtreff noch mehr als bisher genutzt werden kann”, freut sich auch Revierförster Willi Schäfer über dieses Mini-Umstadt-Angebot, der hier einen alternativen Schulort sieht. “Das könnte ich natürlich nicht alleine leisten, sondern da muss geschultes Personal her”. Im “Klassenzimmer Wald” funktioniere das viel beschworene kompetenzorientierte Unterrichten nahezu perfekt, entdeckt Pädagogin Braun im Naturtreff noch großes Potential. “Es ist nicht schwer, mit den Kindern in den Wald zu gehen.”

Quelle: Odenwälder Bote, Freitag, 13.07.2012